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Eltern haften für ihre Kinder? Keine generelle Haftung der Eltern für von ihren Kindern verursachte Schäden

von Sven Crombach, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht

"Eltern haften für ihre Kinder", steht auf vielen Warnschildern. Aber ist diese allgemeine Be­haup­tung zutreffend? Diese Frage beschäftigt so­wohl Eltern minderjähriger Kinder, als auch die Kraftfahrer, die im Stra­ßen­ver­kehr einen Unfall mit Beteiligung von Kindern er­lei­den.
 
Kinder, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gelten als Min­der­jäh­ri­ge. Sie sind für Schäden, die sie verursachen, nur ein­ge­schränkt haftbar. Kinder, die das 7. Le­bens­jahr noch nicht vollendet ha­ben, haften ge­ne­rell nicht für einen Schaden, den sie einem an­de­ren zu­fü­gen. Kinder, die das 7. aber noch nicht das 10. Lebensjahr voll­en­det ha­ben, haften nur bei vor­sätz­li­chem Handeln für ei­nen Schaden, den sie bei einem Un­fall mit einem Kraftfahrzeug ei­nem an­de­ren zu­fü­gen.
 
Die haftungsrechtliche Besserstellung von Kindern führt teilweise zu über­ra­schen­den Er­geb­nis­sen. Fährt etwa ein 9-jähriges Kind mit dem Fahr­rad aus einer Hofeinfahrt auf die Fahr­bahn, ohne Be­ach­tung des flie­ßen­den Verkehrs, und kommt es zu einem Unfall mit einem Au­to, so haf­tet der Kraftfahrer bzw. dessen Kraftfahrzeug-Haft­pflicht­ver­si­che­rung für et­wai­ge Ver­let­zun­gen des Kindes, da wegen der ge­setz­li­chen Haftungsregelung auch ein Mit­ver­schul­den des Kindes nicht be­rück­sich­tigt wird. Die Schäden am Fahrzeug muss der Kraftfahrer selbst tra­gen, auch wenn er kei­ner­lei Schuld an dem Unfall hat.
 
Für den Kraftfahrer stellt sich daher die Frage, ob er seine Schäden ge­gen­über den Kin­des­el­tern geltend machen kann nach dem Motto: "El­tern haften für ihre Kinder". Zunächst muss man wis­sen, dass das Ge­setz eine grundsätzliche Einstandspflicht der Eltern für die Hand­lun­gen ih­rer Kinder nicht kennt. Eine Haftung der Eltern kommt nur in Be­tracht, wenn diesen ei­ne Verletzung der el­ter­li­chen Auf­sichts­pflicht vor­ge­wor­fen werden kann. Der Umfang der el­ter­li­chen Auf­sichts­pflicht hängt vom Kindesalter, der kindlichen Entwicklung und den ört­li­chen Gegebenheiten im Ein­zel­fall ab. Danach richtet sich, wie in­ten­siv die Eltern das Kind über­wa­chen oder be­leh­ren müs­sen. So ha­ben die Gerichte z.B. ent­schie­den, dass nicht schul­pflich­ti­ge Kin­der sich in der Regel nicht ohne Aufsicht allein im Stra­ßen­ver­kehr be­we­gen dür­fen. Aus­nah­men kön­nen je­doch z.B. auf Spielstraßen gelten. An­ders ist es zu beurteilen, wenn ein Grund­schul­kind al­lei­n in einem ru­hi­gen Wohnviertel unterwegs ist und einen Unfall ver­ur­sacht. Hier kann re­gel­mä­ßig nicht von einer Verletzung der elterlichen Auf­sichts­pflicht aus­ge­gan­gen werden, da zu­min­dest in Wohn­ge­bie­ten nor­ma­ler­wei­se keine Ver­pflich­tung der El­tern besteht, ihre Kin­der ständig zu be­auf­sich­ti­gen. Stets ist je­doch die Beurteilung, ob ei­ne Ver­let­zung der el­ter­li­chen Auf­sichts­pflicht vorliegt, von der je­wei­li­gen Situation und der per­sön­li­chen Ent­wick­lung des Kindes ab­hän­gig. Ei­ne ge­ne­rel­le Haf­tung der Eltern für die Schä­den, die ihre Kin­der verursachen, be­steht daher nicht.
 
Auch eine bestehende Privathaftpflichtversicherung der Kindeseltern führt zu keiner anderen Be­ur­tei­lung, da diese nur dann leis­tungs­pflich­tig ist, wenn ohne eine bestehende Ver­si­che­rung das Kind oder die El­tern selbst ersatzpflichtig wären. Haftet das Kind aber aufgrund sei­nes Al­ters nicht und ist auch den Eltern keine Aufsichtspflichtverletzung vor­zu­wer­fen, muss auch die Haftpflichtversicherung der Eltern den Scha­den nicht ersetzen.
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